Durchs Netz geblinzelt
Sonnenschein in Baustetten,
Nachbeben in Laupheim
Von Andreas Wagner und Reiner Schick
Hoch „Olaf“ lässt derzeit die Sonne
über Deutschland lachen, vermelden die Meteorologen – wobei Baustetten
seit Sonntag eher unter dem Einfluss des Hochs „Florian“ liegt, in Anspielung
an den dreifachen Torschützen im Verbandsliga-Derby mit Nachnamen
Hartmann. Wie auch immer liegt eine Hochstimmung über dem kleinen
Ort vor den Toren Laupheims, seit der Aufsteiger den scheinbar übermächtigen
Nachbarn FV Olympia mit 3:0 geschlagen und damit fast gedemütigt hat.
„Wir haben uns sehr gefreut und gefeiert, aber in normalem Rahmen“, sagt
Karl-Heinz Lemke, der viele Jahre seines Fußballerlebens beim Lokalrivalen
verbrachte und seit knapp einem halben Jahr beim SVB Spielleiter ist. Auch
für ihn sei die Freude groß gewesen, „obwohl ich ein Olympianer
bin“. Aber wenn er für eine Mannschaft tätig sei, „dann will
ich auch gewinnen“. Und dies war im Derby der Fall.
Durch den Sieg überholte Baustetten
den Lokalrivalen in der Tabelle und rückte sogar auf den vierten Platz
vor – nur vier Punkte hinter dem Spitzenreiter Schwieberdingen. Ist der
Aufsteiger nun dabei, sein Saisonziel zu überarbeiten? Nein, stellt
Lemke klar, „die vorderen Plätze sind für uns kein Thema, für
uns geht es weiter nur um den Klassenerhalt. Zum Viertletzten sind es nur
vier Punkte. Ein Spiel verlieren, und es sieht schon wieder ganz anders
aus.“ Damit die Abstiegszone auf Distanz bleibt, dafür hat Baustetten
personell zugelegt. Mit Jan Melichercik zog Trainer Gursel Purovic ein
Ass aus dem Ärmel, der, wenn er wieder regelmäßig trainiert,
noch wertvoller werden kann. Der Slowake arbeitet derzeit in Norditalien,
reiste eigens zum Derby an und fuhr danach wieder zurück. Das soll
sich ändern. Im November laufe sein Arbeitsvertrag südlich der
Alpen aus, sagt Lemke. Dann wird der Abwehrspieler dort wohl seine Zelte
abbrechen. „Es bringt nichts, wenn er immer 400 Kilometer zum Spiel herfährt.“ |
Auch Überraschungs-Neuzugang
Jan Melichercik (rechts, im
Zweikampf mit Roland Regenbogen)
hatte seinen Anteil daran,
dass der SV Baustetten im
Verbandsliga-Derby dem FV Olympia
Laupheim überlegen war.
SZ-Foto: Volker Strohmaier
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Melichercik mag ein Grund gewesen sein, warum
der SV Baustetten das Derby so klar für sich entschieden hat. Aber
es gibt weitere, über die die Fans in den Stunden danach trefflich
diskutierten. Trainer Gursel Purovic hat sich auch seine Gedanken gemacht
– und dabei kam Überraschendes heraus. „Vielleicht ist uns die Uhrzeit
entgegengekommen.“ Um 11 Uhr morgens war Anpfiff. „Das ist ein Vorteil
für jüngere Spieler, die früher in ihren Rhythmus finden“,
führt Purovic seine Theorie weiter aus. Das würde passen, wenn
man bedenkt, dass am Sonntagmorgen gerne Jugendspiele angesetzt werden,
während man die Alten Herren oft gegen Abend aufs Feld bittet. Was
das Derby in Baustetten angeht, mögen einen aber Zweifel beschleichen:
Zum einen war das Durchschnittsalter beider Mannschaften nicht so unterschiedlich
– Baustetten: 25, Laupheim: 26,2 – zum anderen gehörte Torschütze
Florian Hartmann zu den aufgewecktesten Spielern auf dem Platz. Und der
SVB-Stürmer war mit seinen 30 Jahren der Fünftälteste von
insgesamt 27 eingesetzten Spielern. Die Purovic-These scheint noch nicht
ganz ausgereift.
Bei der Olympia wiederum waren es die Routiniers,
die nach dem Spiel die meiste Schelte abkriegten. „Den Jungen mache ich
keinen Vorwurf, aber von den Erfahrenen hätte ich erwartet, dass sie
auf dem Platz die Ärmel hochkrempeln, wenn es schon spielerisch nicht
läuft“, sagte Trainer Klaus Weisbrich, und mancher enttäuschte
Laupheimer Fan und Vereinsverantwortliche äußerte sich ähnlich.
Vorsitzender Heinz Schwarzkopf indes nahm
bei seiner Kritik keine Trennung nach Jahrgängen vor: „Ob erfahren
oder unerfahren – die Leistung war schlicht indiskutabel und keines Verbandsligisten
würdig. Am Sonntag waren viele Leute da, die sonst nicht auf den Sportplatz
gehen, aber sich dieses Spiel nicht entgehen lassen wollten. Ich hätte
mir gewünscht, dass wir uns da von einer besseren Seite gezeigt hätten.
Ich bin maßlos enttäuscht, ich habe mich geschämt für
die Leistung unserer Mannschaft.“ Dabei habe der Vorstand am Donnerstag
beim Abschlusstraining der Mannschaft nochmals klar gemacht, dass es sich
um kein normales Auswärtsspiel handle, sondern um ein traditions-
und rivalitätsbehaftetes Derby: „Das haben die Spieler offenbar nicht
begriffen, auf dem Platz haben sie es zumindest nicht rübergebracht.“
Der erfahrenste Olympia-Spieler, Ex-Bundesligaprofi
Oliver Unsöld, hatte vor der Partie von einem „ganz normalen Spiel“
gesprochen – und stand auch hinterher zu dieser Aussage: „Die Jungs wissen
alle, was ein Derby ist. Aber es bringt doch nichts, wenn wir die Spieler
die ganze Woche heiß machen, sie nachher im Spiel über die Stränge
hauen, wir zwei Rote Karten kassieren und hinterher heißt‘s: Was
war denn mit euch los?“ Es sei ihm sehr wohl bewusst, „dass wir schlecht
gespielt haben“, doch das betreffe die gesamte Mannschaft – mit Ausnahme
von Torhüter Florian Steeb: „Der war die ärmste Sau. Selbst im
Training komme ich nicht so frei vor ihm zum Schuss wie die Baustetter
am Sonntag.“ Man werde die Fehler unter der Woche „sicher auch analysieren“,
ein „Grund zur Panik“ bestehe indes nicht: „Ich bin keiner, der nach einem
guten Spiel in Euphorie verfällt. Aber genauso rede ich nach einem
schwachen Spiel nicht gleich alles schlecht. Wir haben in dieser Saison
schon gezeigt, dass wir besser spielen können und werden das am Samstag
gegen Gärtringen auch tun.“
Sicher nicht dabei sein wird Stürmer
Özkan Tokmak, der aus dem Kader für beide Olympia-Mannschaften
geworfen wurde. Das hatte nichts mit dem Spiel in Baustetten zu tun – da
war er schon nicht mehr dabei – sondern mit dem Verhalten des Ex-Auers
in den Wochen zuvor. Aus Unzufriedenheit über seine Reservistenrolle
habe er so lange gestänkert, bis den Verantwortlichen der Kragen platzte.
„Wir können keine Spieler brauchen, die nicht mitziehen und ständig
stören. Also haben wir ihn entfernt“, sagte der Ex-Vorsitzende und
heutige Mann für Sonderaufgaben im Vorstand, Klaus Breitenfeld. So
viel Entschlossenheit hätte sich mancher Olympia-Anhänger am
Sonntag von seiner Mannschaft gewünscht. |